FotoNeben unserer Pension befindet sich inmitten der Altstadt ein baugeschichtlich interessantes Fachwerkhaus aus dem späten 17. Jahrhundert, das als „Haus Preysser“ in die Geschichte von Wernigerode eingegangen ist. Der Name des Hauses leitet sich von seinem Erbauer Johann Preysser ab. An ihn und seine Ehefrau erinnert eine als Schnitzerei ausgeführte Inschrift in der Toreinfahrt. Bei der Sanierung im Jahre 1995 wurde besonderes Augenmerk auf die Erhaltung der originalen Fachwerkfassade gelegt. Die Innenräume wurden modernisiert und den Ansprüchen unserer Zeit entsprechend adaptiert.

Baubeschreibung

Aus baugeschichtlicher Sicht ist erwähnenswert, dass dieses Haus als einziges erhaltenes Gebäude in Wernigerode dem Manierismus zugerechnet wird. Der Manierismus ist eine Übergangsepoche zwischen der Renaissance und dem Barock. Alle anderen Häuser aus dieser Zeit sind leider den Erneuerungen des späten 19. Jahrhunderts zum Opfer gefallen, als man es mit der Erhaltung historischer Bausubstanz noch nicht so genau nahm. Das stattliche Haus verfügt über ein Untergeschoss mit Toreinfahrt sowie über zwei Obergeschosse. Zur Straße hin zeigt es eine sechsachsige Fachwerkfassade. Am Dach erheben sich jeweils in der Mitte zwischen zwei Gebäudeachsen drei gleichartige Dachgaupen. Die Gesimse zwischen den Geschossen sind mit  geschnitzten Männerköpfen – sogenannten Schreckmasken – versehen.

Toreinfahrt

Besonders bemerkenswert ist die rundbogige Toreinfahrt aus der Bauzeit, die mit mannigfaltigen Schnitzereien und einer Inschrift ausgestattet ist. An der als Holzschnitzerei ausgeführten Inschrift am Torbogen ist folgendes zu lesen:

CHRISTOF PREYSSER
BAR ⋅ MARGARETHA BLANCKEN
ANNO 1696

Die beiden Namen befinden sich am Torbogen links und rechts. Dazwischen ist ein geschnitzter Puttenkopf zu sehen. „Bar“ steht vermutlich als Abkürzung für den Vornamen Barbara. Die Torpfosten zeigen links und rechts je einen nach außen blickenden Männerkopf (sogenannte Neidmasken). Diese skurril anmutenden Köpfe tragen orientalische Kopfbedeckungen und aus ihren Nasenlöchern scheinen Schnurrbärte zu wachsen.

Geschichte des Hauses

Christof Preysser, nach dem das Haus benannt ist, war in Wernigerode als Seifensieder und Kerzenzieher tätig. Die große Toreinfahrt weist darauf hin, dass Preysser neben seinem Handwerk auch eine kleine Landwirtschaft betrieb. Das sogenannte Ackerbürgertum war im 17. Jahrhundert weit verbreitet. Im Jahr 1723 wird ein Martin Friedrich Preysser urkundlich als Hausbesitzer erwähnt und im Jahr 1748 ein Seifensieder namens Siegfried Heinrich Lehman sowie seine Ehefrau, eine geborene Preysser.

Den Unterlagen im Stadtarchiv ist zu entnehmen, dass das Haus in den darauf folgenden Jahrhunderten häufig seine Eigentümer bzw. Nutzer wechselte. So wird 1774 der Hufschmied Georg Christoph Heinemann erwähnt, 1777 der Knochenhauer Joh. Wilhelm Riefenstahl, 1778 Johann Heinrich Spilke, 1827 der Seifensieder Martin Günther und seine Frau und viele mehr. Zuletzt im Jahr 1995 wurde das Haus Preysser durch seine heutigen Eigentümer einer Grundsanierung unterzogen, wobei das Innere an die Anforderungen der heutigen Zeit angepasst wurde, während im Außenbereich mit viel Liebe zum Detail das historische Erscheinungsbild erhalten werden konnte.

Haus Preysser in der Reiseliteratur

  • Eisold, N.: Lautsch-Eisold, E.: Sachsen-Anhalt: zwischen Harz und Fläming, Altmark und Unstrut-Tal Kultur, Geschichte und Landschaft an Elbe und Saale. DuMont Kunst-Reiseführer, S. 188. ISBN 3-7701-2590-8
  • Schliebitz, A.: Harz. Baedeker Reiseführer, S. 253. ISBN 978-3-8297-1099-2